Aktueller Stand zum Thema Cannabis als Schmerzmittel – auch in Deutschland gibt es jetzt Veränderungen

Aktueller Stand zum Thema Cannabis als Schmerzmittel - auch in Deutschland gibt es jetzt Veränderungen

Bei Recherchen im Netz zu diesem sehr brisanten Thema, findet man so ziemlich alles an Meinungen und Stimmungen was man sich vorstellen kann. Auch die Zahlen unterscheiden sich zum Teil je nach Quelle erheblich, selbst bei wissenschaftlich verlässlichen Quellen, findet man teilweise Differenzen.

 

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Inhaltsverzeichnis:

  1. Aktueller Stand zum Thema Cannabis als Schmerzmittel – auch in Deutschland gibt es jetzt Veränderungen
  2. Einige Fakten
  3. Geschichtliche Daten
  4. Verschreibungspflichtiges Cannabis
  5. Kosten für Arzneimittel auf Cannabisbasis

Lesezeit: 5 Minute / 1223 Wörter

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Aktueller Stand zum Thema Cannabis als Schmerzmittel – auch in Deutschland gibt es jetzt Veränderungen

 

Bei einem Thema, welches so die Geister scheidet irgendwie ja auch zu erwarten.

Hier soll es aber um die harten Fakten gehen, denn als Mitarbeiter im Gesundheitswesen, sollte man Möglichkeiten und den neuesten Stand zu dieser Thematik kennen. Gerade auf Palliativstationen, in Hospizen, Schmerzambulanzen/Schmerznetzwerken und in der Altenpflege (sicher auch in anderen Bereichen), sollte eine Fachkraft informiert sein und sich mit der neuen Gesetzeslage auskennen.

 

Einige Fakten

Hier einige Fakten in Kürze:

  • „Januar 2017: Der Bundestag hat ein Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften beschlossen, welches Cannabis für Schwerkranke auf Rezept freigibt. Die Abgeordneten aller Fraktionen stimmten einstimmig für das “Cannabis-Gesetz”, für das Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zuletzt geworben hatte.
  • März 2017 In Kraft treten des Gesetzes; Änderung: Es soll gewährleisten, dass Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen bei fehlenden Therapiealternativen ermöglicht wird, Cannabisarzneimittel in “standardisierter Qualität” mit einem von einem Arzt ausgestellten Rezept in Apotheken zu erhalten. Der Eigenanbau von Cannabis zur medizinischen Selbsttherapie oder zur Verwendung als Rauschmittel bleibt aber verboten
  • Juli 2017 Die Versorgung schwer kranker Patienten mit medizinischem Cannabis funktioniert offenbar auch vier Monate nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung immer noch nicht richtig. Der stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende Frank Tempel sagte der Deutschen Presse-Agentur: “Von Patienten mit Besitzerlaubnis weiß ich, dass die Krankenkassen nicht immer die Kosten für die Medizin erstatten.” Weiteres Problem seien Lieferengpässe bei den Apotheken.“

 

Geschichtliche Daten

Wir wollen uns ein paar geschichtliche Daten anschauen und ein paar Fakten zur medizinischen Wirkung. „Die ersten schriftlichen Angaben zur medizinischen Nutzung von Cannabis gehen vermutlich auf ein zirka 4’700 Jahre altes chinesisches Lehrbuch über Botanik und Heilkunst zurück. Ab dem 16. Jahrhundert fand Cannabis Eingang in die Kräuterbücher. Cannabis wurde seit dem ersten Kreuzzug in die Volksmedizin eingeführt und figurierte in vielen Klostermedizinen Auch Hildegard von Bingen und die alten Ägypter setzten Hanf als Medizin ein. Anwendungsbereiche waren rheumatische und bronchiale Erkrankungen, auch wurde Cannabis allgemein als Opiumersatz verschrieben. Im 19. Jahrhundert wurde es ausserdem gegen Migräne, Neuralgie, Epilepsie-ähnliche Krämpfe, Schlafstörungen und anderes eingesetzt. Marihuana war, bis es im Jahre 1898 von Aspirin konkurrenziert und schliesslich als Heilmittel durch eine breite Palette von neuen, synthetischen Arzneimitteln abgelöst wurde, in Amerika das am häufigsten benutzte Schmerzmittel. Zwischen 1842 und 1900 machten Cannabispräparate dort die Hälfte aller verkauften Medikamente aus (Herer 1993). In Europa und damit grösstenteils auch in der Schweiz waren zwischen 1850 und 1950 über 100 verschiedene Cannabismedikamente erhältlich (Fankhauser 1996). Wegen Dosierungsschwierigkeiten, paradoxe Wirkungen und der Entwicklung synthetischer Medikamente nahmen die Verschreibungen im 20. Jahrhundert ab, bis Cannabis ca. Mitte des 20. Jahrhunderts fast weltweit komplett verboten wurde. Heute ist die medizinische Anwendung von Cannabis in vielen Ländern (sogar einigen Bundesstaaten der USA) wieder erlaubt. In Österreich aber ist es immer noch praktisch unmöglich legal an Cannabis als Medikament heranzukommen“ ( Zugriff: 22.08.2017: 21:30 Uhr http://www.cannabislegal.de/cannabisinfo/medizin.htm)

 

Verschreibungspflichtiges Cannabis

Um welche Erkrankungen und Indikationen geht es aber aktuell, wenn wir vom verschreibungspflichtigem Cannabis sprechen und welche Hindernisse treten dabei auch auf.

Eine schon frühere Ausnahmeindikation waren spastische Krämpfe bei Multipler Sklerose. Hier wurde Sativex gegeben. Bislang (vor dem neuen Gesetz) mussten Patienten, denen bei starken Schmerzen nichts mehr anderes half, selbst aufkommen um mittels Sondergenehmigung ihre Hanfblüten aus der Apotheke zu bekommen. Die Bundesopiumstelle, eine Unterabteilung des BfArM, erteilte die Erlaubnis bisher jedoch nur, wenn den Schmerzkranken wirklich nichts Anderes mehr half. Die Kosten für diese Patienten, die sie hierfür selbst zahlen mussten, beliefen sich auf 600-700 Euro im Monat.

Die medizinische Anwendung von Cannabisprodukten wird bislang vor allem im Zusammenhang mit der Schmerztherapie und chronischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose diskutiert. Tatsächlich aber sind es rund 60 Diagnosen, für die das BfArM in der Vergangenheit Ausnahme­genehmigungen für die Therapie mit Cannabis erteilt hat. Es gibt weltweit Studien und Fall­berichte zur medizinischen Wirkung von Cannabis auf eine Vielzahl von Erkrankungen und Symptome. Darunter sind die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyper­aktivitäts-Störung (ADHS), Schlaf- und Angst­störungen, das Tourettesyndrom, Krebserkrankungen, Depressionen, Parkinson, Appetitlosigkeit bei einer Erkrankung an Aids, Rheuma, grünem Star und Neuropathie. Die Schwierigkeit der Krankenkassen beim Verschreiben von medizinischem Cannabis ist, dass die Kassen jeden Einzelfall prüfen müssen, da keine klaren Kriterien definiert sind.

Hierzu die Sprecherin des GKV Spitzenverbandes Ann Marini: “Wir werden also frühestens in einigen Jahren jene Kenntnisse zu Cannabis haben, die andere Medikamente bei der Zulassung vorlegen müssen, damit die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten übernehmen.” Denn bei Cannabis müsse nicht – wie bei anderen Medikamenten – vorab anhand von Studien nachgewiesen werden, dass es sicher wirke. Auch fehlten verlässliche Informationen zu Neben- und Wechselwirkungen.

Damit die Krankenkasse die Kosten für die Therapie mit Cannabis übernimmt, ist vor Beginn der Behandlung ein Antrag erforderlich. Darum müssen sich Patienten mit Unterstützung ihres Arztes selbst kümmern. Über den Antrag muss die Krankenkasse innerhalb von drei Wochen entscheiden. Geht es um eine Therapie im Rahmen einer ambulanten Palliativ­versorgung, muss sie dies sogar innerhalb von drei Tagen erledigen. Zieht die Krankenkasse den medizi­nischen Dienst hinzu, gilt eine Frist von fünf Wochen. Eine Therapie sofort beginnen können Betroffene nur mit einem Privatrezept.

 

Kosten für Arzneimittel auf Cannabisbasis

Damit die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für Arzneimittel auf Cannabisbasis übernehmen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der Patient muss an einer schwerwiegenden Erkrankung leiden.
  • Es steht zudem keine alternative Behandlungsmethode zur Verfügung, etwa weil der Patient austherapiert ist und Standardbehandlungen nicht mehr in Frage kommen.
  • Der behandelnde Arzt erwartet darüber hinaus einen spürbar positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome durch das Cannabismittel.
  • Und: Der Patient nimmt an einer anonymisierten Begleitforschung teil. Die Erhebung führt das BfArM durch. Damit sollen weitere Erkenntnisse über die Wirkung von Cannabis gewonnen werden. Dafür leiten Ärzte Patientendaten wie Diagnose, Therapie, Dosis und Nebenwirkungen anonymisiert an das BfArM weiter. Die Erhebung ist auf fünf Jahre angelegt, danach wird sie als Voraussetzung für die Erstattung entfallen“ (Zugriff: 23.08.2017, 5.30 Uhr https://www.test.de/Betaeubungsmittel-Jetzt-gibt-es-Cannabis-auf-Rezept-5149127-0/).

Medizinisches Cannabis erhalten die Patienten entweder als Blüten oder als Extrakt. Dabei handelt es sich um getrocknete Triebspitzen der weiblichen Pflanze oder beim Extrakt aus Teilen der weiblichen Pflanze. Apotheken verarbeiten es als Tropflösungen oder zu Kapseln. Auch die Inhalation mit Hilfe eines sogenannten Vaporisators ist möglich. Vom Rauchen von Cannabis rät das BfArM generell ab. Grund: Dabei entstehen durch den Verbrennungsprozess Giftstoffe, die schädlich sein können.

Um die Sache „rund“ zu machen und einen Überblick gegeben zu haben, hier noch die Seites des Bundesministeriums zum Thema als Ergänzung: http://www.drogenbeauftragte.de/themen/drogenpolitik/cannabis-als-medizin.html

Man findet tatsächlich sehr wenig Medizinische, veröffentlichte, glaubhafte Studien zu dieser Thematik. Eine fachliche Seite der International Assoziation for cannabinoid Medicines enthält viele kleine Studien, Übersichten über Kongresse, Fortbildungen, Filme und Mitteilungen http://www.cannabis-med.org/index.php?lng=de

Sicherlich ist dieses Thema damit noch nicht ausreichend beleuchtet, aber es ist ein Überblick gegeben, um sich als medizinisch-pflegerische Fachkraft einmal mit diesem kontrovers diskutierten Thema zu befassen. Falls jemand schon berufliche Erfahrungen mit dieser Thematik hat, schreiben Sie doch gerne in die Kommentarfunktion. Es ist immer sinnvoll im Austausch und Dialog zu bleiben. Dies gilt für alle Themen, die wir hier anreißen, behandeln und uns gemeinsam anschauen.

Quellen: http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2017-01/39705637-cannabis-auf-rezept-bundestag-beschliesst-gesetzesaenderung-003.htm

http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2017-07/41325486-roundup-cannabis-patienten-kommen-nur-schwer-an-ihre-medizin-016.htm

http://www.wiwo.de/unternehmen/industrie/cannabis-in-der-medizin-hanf-medikamente-auf-dem-vormarsch-/12530210.html

https://www.welt.de/politik/deutschland/article154992002/Ab-2017-gibt-es-Cannabis-auf-Kassenrezept.html

Ein interessanter Bericht von einer Fachärztin für Neurologie findet sich hier: http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/thc-in-der-medizin-cannabis-bei-tourette-und-krebspatienten-a-991956.html

Außerdem ein Erfahrungsbericht eines Schmerzpatienten hier:http://www.lz.de/lippe/kreis_lippe/11237145_Schmerzpatient-berichtet-ueber-Erfahrungen-mit-der-aerztlich-verordneten-Hanf-Therapie.html

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