Ethik im Pflegealltag – ein sperriges Wort mit Folgen

Ethik im Pflegealltag - ein sperriges Wort mit Folgen

Das Wort Ethik im Titel schreckt vielleicht schon den einen oder anderen Leser ab, einfach schon deshalb, weil viele es nicht einordnen können, es für etwas abstraktes halten, was irgendwie schon weit weg ist vom eigenen Alltag.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Pflegeethik ist eine Berufsethik
  2. Fragen in der beruflichen Praxis
  3. Grundsatzfragen der Pflegeethik

Lesezeit: 6 Minute / 774 Wörter

Pflegeethik ist eine Berufsethik

Etwas wichtiges, was man braucht, aber nicht greifen kann. Eine Schülerin hat mal nach einem Unterricht vor einigen Jahren zu mir gesagt, „Frau Ruchnewitz, ich wusste gar nicht, dass es Ethik auch in interessant gibt“.  Bestimmt ein Kompliment für meinen Unterricht damals in irgendeiner Form, aber auch ein Zeichen für mich, das immer noch nicht klar ist, dass de Pflege komplett durchwoben und durchdrungen ist von der Ethik.

Wir wollen uns jetzt im Folgenden keine verstaubten Begriffsdefinitionen anschauen, aber ohne eine kommen wir nicht weiter.

„Pflegeethik ist eine Berufsethik, die sich mit den Fragen und Problemen beschäftigt, die sich aus dem Aufgabenbereich der Pflege ergeben. Sie fragt danach, was ein gutes, gerechtes pflegerisches Handeln ausmacht, liefert Hilfestellungen bei Entscheidungen und definiert Ziele für Pflegepersonen, die Orientierung bzw. Sicherheit im täglichen Tun geben sollen.“ (vgl. Glaser 2009).

Wenn wir uns diese Definition mal anschauen, fällt der Satzteil auf „…die sich aus den Fragen und Problemen des Aufgabenbereiches der Pflege ergeben“…

Einmal an die eigene Berufspraxis gedacht oder sich einfach den letzten Dienst vorgestellt, fallen einem sicherlich einige solcher „Fragen und Probleme“ ein, denn die Pflege ist voll mit Grenzthemen. Überall dort, wo Menschen in einer Abhängigkeit sind, haben wir Macht und Ohnmacht, Verantwortung, Werte und Entscheidungen. Ist gleich Ethik! So einfach ist das in der Praxis und so schwer zugleich.

Dahinter stehen viele Fragen. Zum Beispiel in erster Linie die Fragen nach Verantwortung. (Quelle: https://pflege-professionell.at/ethik-in-der-pflege, Zugriff 04.07.2021, 06:02).

Fragen in der beruflichen Praxis

In der beruflichen Praxis stellen sich konkrete Fragen:

  • Wie weit reicht meine Verantwortung für den Patienten oder Bewohner? Wie weit ist er für sich selbst verantwortlich? Welche Verantwortung tragen Dritte
  • Wo versuchen Patienten oder Bewohner von ihrer Eigenverantwortung abzulenken? In welchen Situationen sind Patienten und Patientinnen mit dem Appell an ihre Eigenverantwortung überfordert
  • Was soll man tun, wenn Patienten oder Bewohner in den Augen der Pflegenden unverantwortlich handeln oder entscheiden?
  • Welche Konflikte zwischen der Eigenverantwortung des Patienten oder Bewohners und der Verantwortung der Ärzte oder Pflegenden kann es geben?
  • Welche Formen gemeinschaftlicher Wahrnehmung von Verantwortung gibt es? Welche Formen der Kooperation sind möglich oder notwendig?
  • Wo sind die Schnittstellen der Verantwortlichkeiten in der interprofessionellen Altenarbeit?

Um diese Fragen beantworten zu können, braucht es einen Diskurs über diese Themen. Und zwar schon vom ersten Tag der Ausbildung an. Durch die generalistische Pflegeausbildung und den damit verbundenen Veränderungen wird das Thema künftig verstärkt mit einbezogenen und soll von Beginn an die Relevanz bekommen, die notwendig ist, um eine verantwortungsvolle Pflege zu gewährleisten, die nach Werten ausgerichtet und reflektiert ist.

Pflegeethik befasst sich auch mit der Haltung und den Einstellungen von Pflegepersonen und ihren persönlichen Werten in den Organisationen der

Pflege und mit der kritischen Reflexion pflegerischen Handelns.

Grundsatzfragen der Pflegeethik

Die Grundsatzfragen die dazu gehören sind z.B.

  • Was sind meine persönlichen Werte?
  • Wo finde ich meine Orientierung?
  • Was hilft mir meinen beruflichen Sinn zu entdecken?
  • Warum habe ich zu diesen Werten gefunden?
  • Wann und Wie gelingt es mir selbst reflektiv auf meine berufliche Situation zu blicken? Und weitere Fragen.

Ganz praktisch geht es hier auch um Themen wie: Jüngere Menschen in der Langzeitpflege, Umgang mit Menschen mit Demenz. Mit Stoma, Inkontinenz, Nahrungsverweigerung, personellen Engpässen, Stress, Aggressionen, Angst, Belastungen, Kooperationsverweigerung uvm.

Hier gilt der schöne Satz: „Sprache schafft Wirklichkeit“.

Wo liegt der gemeinsame Wertekontext, wie sieht es konkret aus mit ethischen Fallbesprechungen zu dieser Thematik, wie sieht es aus mit einem präventiven Ansatz zu Konflikten?

Sicher ein Appell an die Führungskräfte einer Einrichtung. Sprache schafft Wirklichkeit bedeutet eben auch anzufangen, hinzuschauen, Werte zu etablieren und zu besprechen, zu hinterfragen.

Und ganz wichtig: „Keine Werteorientierung verlangt die Selbstaufgabe. Auch die Pflege ist nicht immer im Dienst. Nur durch tägliche Wiederherstellung der eigenen Kraft kann man den Beruf Jahre ausüben.“

Wie man sieht, man kommt wie man so schön sagt, vom Hölzchen aufs Stöckchen, und wäre dieser Artikel nicht ein Artikel, sondern ein Fortbildungsskript, könnten wir uns noch so viele weitere interessante Aspekte anschauen jetzt. Ist es aber nicht. Es ist ein Artikel, der einen Impuls geben soll, einmal zu schauen, wo man selbst steht zu diesem Thema. Als Führungskraft, Lehrer, Pflegefachkraft, Praxisanleiter.

Wir werden allerdings weiterführend noch eine Podcastfolge dazu machen, wo wir uns praktisch etwas mit dem Thema „Werte“ beschäftigen“.

Eine schöne Woche und bleiben Sie gesund!

Ihre Lisa Ruchnewitz

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