Pflegeberichterstattung – und eigentlich ist es doch so einfach – oder?!

Pflegeberichterstattung - und eigentlich ist es doch so einfach - oder?!

Am Schreiben des Pflegeberichts verzweifeln tägliche viele Mitarbeiter und regelmäßig auch deren Vorgesetzte und der MDK beim Lesen der Berichte. Dabei ist es doch gar nicht so schwer oder?

Pflegeberichterstattung-und eigentlich ist es doch so einfach, oder?!

Dass er für so viele ein rotes Tuch geworden ist und nicht mehr das was er eigentlich sein sollte: Ein Dokument, welches den Pflegeprozess darstellt und damit nachweist, dass vernünftig und sorgfältig gepflegt wird; liegt nicht zuletzt leider auch an Ängsten von Leitungen, die meinen der Grundsatz „viel hilft viel“, müsste doch eigentlich den Risiken entgegenwirken, dass der MDK Lücken bemängelt. So bekommen Pflegekräfte auch in Zeiten des SIS und der Entbürokratisierung noch teilweise den Auftrag, täglich mehrmals eine Eintragung zu machen. Dies führt dazu, dass Mitarbeiter nicht mehr wissen, was sie eintragen sollen und der Bericht nur so von Doppeleinträgen, unwichtigen Informationen und Eintragungen von schon getätigten Leistungen wie z.B. „Bewohner wurde geduscht“ wimmelt.

Von Schülern hört man häufig, wenn sie gerade gelernt haben wie es richtig geht, dass sie es doch „so nicht machen können“, die examinierten Pflegekräfte in der Pflegepraxis würden das doch auch falsch machen und wenn sie es anders (richtig) machen, dann würden die Kollegen sich dann wundern oder es würde Ärger geben.

Darüber kann man sich wirklich ziemlich wundern!

Es gibt einige Grundsätzlichkeiten, die man, wenn man sie einmal verinnerlicht hat, nicht so leicht wieder vergisst und die zielführend sind. Dafür ist es auch unerheblich, mit welchem Dokumentationssystem gearbeitet wird.

Warum wird denn ursprünglich der Pflegebericht geschrieben? Nein, nicht für den MDK (natürlich nutzt er diesen als Kontrollinstrument, weil er den Pflegeverlauf wiedergibt), nicht für die Leitung und auch nicht um sich die Arbeit zu erschweren mit unnötigen Eintragungen.

Eigentlich dient er als Kommunikationsinstrument, dass Transparenz schaffen soll, Informationen weitergeben soll, als rechtliche Absicherung dient, bei der Evaluation und Reflexion von Pflegeleistungen hilft, (damit Maßnahmen angepasst und verbessert werden können) Ergebnisse darstellt (die ja auch Pflegeerfolge sind), das Team vernetzt und dem Informationsaustausch dient.

Das Geheimnis eines aussagekräftigen Pflegeberichts ist sein roter Faden. Wenn wir oder wer auch immer (die PDL, der MDK, der Bewohner selbst oder ein Kollege) den Bericht zur Hand nimmt, ist ein klarer Verlauf erkennbar. Damit dies auch gegeben ist, müssen nur ein paar Regeln beachtet werden:

  1.  Leistungen, die bereits im Leistungsnachweis abgezeichnet wurden und wie geplant durchgeführt wurden, müssen nicht noch einmal im Pflegebericht festgehalten werden, es sei denn es gab Abweichungen zur Pflege-oder Maßnahmenplanung.
  2.  Es muss ein Bezug zu vorherigen Berichten erkennbar sein. (Gab es z.B. eine Rötung, eine Gewichtsabnahme, eine Nahrungsverweigerung, vermehrten Alkoholgenuss etc.) dann braucht es einen erneuten Eintrag, der darauf schließen lässt, dass die Pflege sich darum gekümmert hat.
  3.  Zu einer Beobachtung braucht es eine Maßnahme (Bewohnerin irrte verwirrt über die Flure…ist z.B. kein geschlossener Eintrag). Hier fehlt eine Information zu der Reaktion/ Handlung/ Maßnahme der Pflegekraft.
  4.  Der Eintrag hat wertfrei zu erfolgen. Adjektive, die wertend oder interpretierbar sind, haben in sachlichen Pflegeberichten nichts zu suchen.

Die Wertfreiheit bereitet häufig die größten Probleme, obwohl dies meiner Meinung nach das Einfachste ist, denn wenn man immer nur das einträgt, was man mit den eigenen Sinnen wahrnehmen kann (sehen, riechen, hören, fühlen,) oder eben objektiv messbar erhebt, dann hat man klare Informationen, mit denen jeder etwas anfangen kann.

Klassische Adjektive, die in Pflegeberichten nicht genutzt werden sollten, sind z.B. aggressiv, depressiv, viel, wenig, gut, schlecht, kooperativ, unkooperativ, anzüglich u.a.

Diese sind interpretierbar und sagen nicht wirklich was über eine Situation aus. Wenn ich lese, ein Bewohner war heute aggressiv oder depressiv, kann ich mir grundsätzlich etwas darunter vorstellen, aber ich weiß nichts darüber, wie sich dies praktisch äußerte. Um adäquat zu reagieren, benötigt eine Pflegekraft aber einen Kontext, um dann passende Maßnahmen zu ergreifen.

Es kann eine Differenz bestehen zwischen depressiv und depressiv. Der eine Bewohner hatte eine etwas gedrückte Stimmung  und war vielleicht nicht so motivierbar wie sonst, der andere weinte den ganzen Morgen und ließ sich schwer beruhigen. In beiden Fällen könnte man im Pflegebericht den Eintrag lesen „Bewohner war heute depressiv“. Beim ersten Bewohner reicht vielleicht ein kleines Gespräch um der Sache auf den Grund zu gehen, Letzterer ist vielleicht dement und wurde gerade neu mit einem Medikament eingestellt und muss beobachtet werden (zu welcher Zeit weint er besonders? Gibt es einen Kontext usw.)

Es liegt in der Pflegefachlichkeit und Professionalität, auf das Verhalten von Bewohnern angemessen zu reagieren und eine passende Maßnahme zu ergreifen.

Wenn man auf einem gerontopsychiatrischen Bereich den Eintrag liest „Herr M. war heute Vormittag sehr aggressiv“, dann fehlen entscheidende Informationen, es ist kein professioneller Eintrag, der darauf schließen lässt, dass angemessen auf den Bewohner eingegangen wurde. Wie äußerte sich diese Aggressivität? Wie hat die Pflegekraft interveniert? Wie wurde die Situation verändert, auf wen hatte sie Auswirkungen? Wann konkret war er aggressiv?

Die Situation ist deutlicher wenn man lesen würde „Herr M. schlug heute Morgen nach mir, als ich ihm die seinen morgendlichen Grießbrei anreichen wollte. Daraufhin unterließ ich das Essen anreichen und bot ihm sein Getränk (Mineralwasser) an, welches er in einem Zug leerte (200 ml).

Es kommt nicht auf die Länge des Berichts an (je kürzer und konkreter, desto weniger Interpretationsmöglichkeit), sondern auf möglichst konkrete Informationen, auf die sich wieder bezogen werden können und die Rückschlüsse zulassen.

Entscheidend sind nicht möglichst viele Einträge in der Masse, sondern Einträge, die aufeinander aufbauen und den Pflegeprozess mit Reaktionen und Maßnahmen wie einen roten Faden wiedergeben.

Was gehört denn überhaupt alles in den Pflegebericht? Um nur einiges zu nennen: Das aktuelle Befinden des Bewohners, Reaktionen auf Pflegemaßnahmen, besonderer gerontopsychiatrische Reaktionen, besondere Vorkommnisse, gefährliche Situationen oder Zwischenfälle beim Bewohner, Ereignisse, die eine direkte Auswirkung auf den Bewohner oder dessen Versorgung haben, Darstellung von Orientierungsstörungen u.v.m

Es gibt also durchaus andere Möglichkeiten als Leistungen doppelt zu dokumentieren, auch wenn in vielen Einrichtungen mit einer Nachschulung zu diesem Thema und dem ändern der Eintragungshäufigkeit bestimmt schon einiges an positiver Veränderung getan wäre.

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