Selbstgesteuertes Lernen – was bedeutet das in der Praxisanleitung?

Selbstgesteuertes Lernen in Theorie und Praxis

Gerade in der Pflegepädagogik gilt verstärkt, ein Ausspruch von Thomas Ziehe „Es führt kein Weg drum herum: wer lehrt, beglückt nicht nur, er bedroht auch“ (in: Siebert 2006: 41).

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Inhaltsverzeichnis:

  1. Selbstgesteuertes Lernen im Pflegeberuf
  2. Die Kombination von selbstgesteuerten und angeleiteten Lernphasen
  3. Voraussetzung für ein selbstgesteuertes Lernen
  4. Optimierung der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen
  5. Im Lernprozess Anregungen zu geben

Lesezeit: 4 Minute / 790 Wörter

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Selbstgesteuertes Lernen im Pflegeberuf

In den vielfach sehr festgefahrenen Strukturen unserer Pflegelandschaft, in welcher häufig immer noch die Aussprüche ‚Das haben wir doch schon immer so gemacht‘ oder von der Praxis in Bezug auf Schülerinnen ‚Das hier ist die Praxis, das andere ist nur Theorie‘, zu hören sind, gelten neue Inhalte nicht zwangsläufig als Bereicherung, sondern verunsichern und werden nicht selten als Enteignung und somit als Verlust empfunden. Lernwiderstände und mangelndes Interesse könnten auf dem Boden von Schutzmechanismen entstehen, die die eigene (berufliche) Identität schützen sollen (vgl. Siebert 2006: 41). „Dieser Widerstand gegen Neues, dieses Beharren auf Gewohntem ist psychohygienisch verständlich und ‐ in Grenzen ‐ auch funktional. Wer sich ständig verunsichern lässt, verliert seine alltägliche Selbstsicherheit. Wer sich aber gar nicht verunsichern lässt, den „bestraft das Leben“ (ebda. 2006: 39).

 

Für ein selbstgesteuertes Lernen spricht, dass handlungsorientierte Erarbeitungsformen, zu einer höheren Lernmotivation führen und den Aufbau von Kompetenzen begünstigen, welche zur Bewältigung sich verändernder Anforderungen notwendig sind (vgl. ebda: 70).

 

Die Kombination von selbstgesteuerten und angeleiteten Lernphasen

Nicht für jedes Thema ist Selbststeuerung jedoch die erfolgreichste Lernart. „Wünschenswert erscheint vielfach eine Kombination von selbstgesteuerten und angeleiteten Lernphasen, sowie ein Wechsel an Lernanforderungen“ (ebda: 71).

Das gilt auch in der Praxisanleitung. Ein bloßes „danebenstehen und überprüfen, ist ineffektiv, nicht inspirierend für den Auszubildenden und bringt nicht den gewünschten Lernerfolg. Ein völliges „sich selbst überlassen der Auszubildenden „ist eben so wenig erfolgversprechend. Hier bedarf es einer Kombination, die beides ermöglicht.

 

Voraussetzung für ein selbstgesteuertes Lernen

Voraussetzung für die Annahme des Angebotes des selbstgesteuerten Lernens ist eine gewisse Eigeninitiative der Auszubildenden, Fragen zu stellen, Ideen einzubringen und Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen, sowie für Sie als Lehrende/Anleitende der Anspruch, Sicherheit zu vermitteln und die Initiative der Auszubildenden  wert zu schätzen und als Vorbild und Lernmodell zum eigenständigen Nachdenken auf verschiedenen Ebenen anzuregen (vgl. Olbrich 2009: 133). Dies kann in unterschiedlichen Lernsettings geschehen, in denen Aufgaben eingebunden/angeregt werden und dann selbstständig bearbeitet, erarbeitet und ergänzt werden.

Außerdem heißt die Devise nun Lernbegleitung und die Lehrende/Anleitende muss die Verantwortungszuständigkeit ihrer Auszubildenden für den eigenen Lernprozess

 

  • ernst nehmen und zumuten. Im Gegensatz zum traditionellen Aufgabenverständnis
  • ist die Verantwortungszuordnung eine andere. Da diese eigene Verantwortlichkeit
  • nicht durchgehend auf Zustimmung von Seiten der Teilnehmerinnen trifft, muss
  • die Lehrende/Anleitende sich auf Auseinandersetzungen einstellen (vgl. Dietrich: 2001: 139).
  • Um der Rolle als Lernbegleiterin gerecht zu werden, benötigt man als Anleiter
  • eine grundsätzliche Lust am Arbeiten mit Auszubildenden und muss diesen möglichst
  • offen, neugierig und ohne Angst gegenübertreten. Vorhersehbarkeit ist nicht

 

die Eigenschaft des selbstgesteuerten Lernens, da sich jeder einzelne Auszubildende  individuell auseinandersetzen kann und somit Lernprozesse in die unterschiedlichsten Richtungen stattfinden. Diese Tatsache birgt auch ein gewisses Konfliktpotential und mit diesem muss sich die Lehrende auseinandersetzen wollen.

 

Optimierung der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen

Vergleicht man die Leiterinnen zentrierte Lernarbeit, mit der  Teilnehmerinnen/Auszubildenden zentrierten Lernarbeit, würde die Hauptaussage der Vertreterinnen Letzterer, Folgende sein:

„Lernen können nur die Teilnehmer/Auszubildenden und Teilnehmerinnen/Auszubildende selbst.

Die Verantwortung liegt bei ihnen. Allerdings kann ich günstige Voraussetzungen dafür schaffen und dies fortlaufend überprüfen. Dafür sollte man sich als Anleitung professionell verantwortlich sehen. Ich erwarte von den Auszubildenden, dass sie selbst ein Interesse an der Optimierung der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen haben und mir signalisieren, wenn sie meinen, anders besser lernen zu können oder etwas anderes lernen wollen“ (Weidenmann 1995: 15). Diese Aussage unterscheidet sich von der der Leiterinnenzentrierten Sichtweise darin, dass in Dieser die Teilnehmerinnen/Auszubildende als ‚Anvertraute’ gesehen werden und die Verantwortung für das Erreichen der Lernziele bei der Lehrerin liegt und diese auch erwartet, dass die Teilnehmerinnen ihren Anweisungen folgen und sie dies auch einfordert, wenn die Notwendigkeit besteht (vgl. ebda: 15).

Die Auszubildenden werden im selbstgesteuerten Lernen, in der Art und Weise wahrgenommen, dass ihre methodischen Bedürfnisse und Lerninteressen in den Mittelpunkt gestellt werden (vgl. Dietrich 2001: 138).

 

Im Lernprozess Anregungen zu geben

Bezogen auf Methoden im selbstgesteuerten Lernen ist festzustellen, dass es ‚die Methode‘ in diesem Zusammenhang nicht gibt. Es ist vielmehr ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, das selbstgesteuertes Lernen anregt und möglich macht. Hierzu gehören unter anderem die Rahmenbedingungen und in allererster Hinsicht ein verändertes Rollenverständnis die Lehrenden und Lernenden betreffend. Es geht darum im Lernprozess Anregungen zu geben, zu begleiten und zu unterstützen und die häufig sehr unterschiedlichen Bedürfnisse der Auszubildenden bezüglich Anleitung und Lernen ernst zu nehmen und in den Anleitungsprozess zu integrieren.

Dies spart Ressourcen und ist wesentlich zielgerichteter als große Mengen an Zeit und Aufwand dort aufzuwenden, wo es vielleicht in dieser Art nicht auf fruchtbaren Boden trifft.

Im nächsten Beitrag schauen wir uns einmal mögliche Anleitungssequenzen dazu an.

 

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