Überleitungsmanagement – Wie sieht ein gelungenes Überleitungsmanagement aus ?

In Rückblick auf unser Webinar zum Überleitungsmanagement, hier noch einmal zum selbst mitlesen, ein Beispiel für ein gelungenes Überleitungsmanagement. 

 

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Inhaltsverzeichnis:

  1. Beispiel eines gelungenes Überleitungsmanagement
  2. Darstellung eines Überleitungsmanagements an einem Beispiel
  3. Vorbereitungen für die Klinikeinweisung
  4. In der Aufnahmeambulanz
  5. Initialassessment zur Feststellung des Überleitungsbedarfs in der Ambulanz
  6. Anforderungen an den Sozialdienst
  7. Beantragung des Sozialdienst
  8. Unterstützung durch das Pflegepersonal
  9. Das Klinische Informationssystem
  10. Kostenübernahme, Hilfs- und Unterstützungsangebote
  11. Rehabilitationsmaßnahme
  12. Was diese Beispiel verdeutlicht

Lesezeit: 7 Minute / 1831 Wörter

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Beispiel eines gelungenes Überleitungsmanagement

 

Im nächsten Webinar zum Thema, gehen wir noch etwas in die Tiefe bezüglich der Umsetzung. Im Beispiel sehen wir sehr gut, was eine vorausschauende und interdisziplinäre Arbeit für den Patienten an Gewinn bringt und es hilft dabei, in der Eigenreflexion zu schauen, was in der eigenen Überleitung verbessert werden könnte. Im Schaubild sieht man in Kürze zusammengefasst den Ablauf.

Darstellung eines Überleitungsmanagements an einem Beispiel

Darstellung eines Überleitungsmanagements am Beispiel von Frau P. Die 79-jährige Frau P. wird am 30. Juni mit dem Rettungswagen in das Krankenhaus in N., einem Haus der Regelversorgung, eingeliefert. Sie bemerkte am Morgen, dass sich die seit Tagen zunehmende Luftnot noch verschlechtert hatte. Trotz der kontinuierlichen Sauerstoffgabe fühlte sie sich nach der nur 8 Tage zurückliegenden Entlassung aus der Universitätsklinik in N. immer schwächer.

Sie schaffte es kaum noch, sich in der Weise selbst zu versorgen, wie sie es noch vor 6 Wochen konnte. Die Mitarbeiterin des hauseigenen Betreuungsdienstes, die ihr allmorgendlich die Kompressionsstrümpfe anzieht, wollte sie jedoch nicht mit der Bitte um zusätzliche Handreichungen belästigen. Sie verständigte ihren Hausarzt, der am Vormittag nach ihr sah. Der Arzt, der Frau P. seit vielen Jahren betreut und um ihre chronische Lungenerkrankung und die inzwischen auch deutlich zu Tage tretende Herzschwäche weiß, hat vorausschauend bereits einen ausführlichen Arztbrief und die Befunde der letzten beiden Krankenhausaufenthalte mitgebracht.

 

Vorbereitungen für die Klinikeinweisung

Weil sich sein Eindruck bestätigt, trifft er Vorbereitungen für eine Klinikeinweisung, mit der Frau P. zunächst nicht einverstanden ist. Der Hausarzt, der Frau P. als orientierte und verständige Frau kennt, macht ihr sehr deutlich, dass sie eine Verbesserung ihrer Situation in Eigenregie zu Hause nicht wird erreichen können. Frau P. ist mit einer Einweisung einverstanden und verständigt ihren Sohn selbst. Der Hausarzt entscheidet sich diesmal, seine Patientin nicht in die nächstgelegene Klinik in A. einzuweisen. In der etwas weiter entfernten Klinik in N. war ihm ein Bett zugesichert worden. Den dortigen Aufnahmearzt verständigte er über das Kommen von Frau P. und hinterlässt für Rückfragen seine Telefonnummer.

 

In der Aufnahmeambulanz

Frau P. wird im Krankenhaus zunächst in der Aufnahmeambulanz vom zuständigen Arzt und einer Pflegekraft gesehen. Der Internistische Bereich der Klinik hat sich für diese Form der Aufnahmestruktur entschieden, weil sich die für die Routineuntersuchungen erforderlichen Funktionseinheiten (Labor, EKG, Röntgenabteilung) auf der gleichen Ebene befinden.  Abläufe können dadurch so koordiniert werden, dass den Patienten wiederholte Abrufe von der Station in diesen Bereich erspart bleiben. Die Arbeitsabläufe des ärztlichen und des pflegerischen Bereiches in der Ambulanz konnten so synchronisiert werden, dass ein zeitnaher Informationsaustausch gewährleistet und gleichzeitig die Schnittstellenproblematik zwischen den beiden Bereichen minimiert wurde.

Neben der ärztlichen Anamnese wird in der Aufnahmeambulanz von der Pflegekraft das Stammblatt erstellt, das alle personenbezogenen Daten sowie die für die stationäre und nachstationäre Versorgungssituation relevanten Informationen erfasst . Angaben, die sich nicht unmittelbar ermitteln lassen, weil der Patient dazu nicht in der Lage ist und eine Begleitperson fehlt, werden mit dem Vermerk gekennzeichnet, dass sie nacherhoben werden müssen. Auf diese Weise wird vermieden, dass im Verlauf des Krankenhausaufenthaltes Hemmnisse durch nicht rechtzeitig erfasste Informationen entstehen, diese könnten andernfalls diagnostische und therapeutische Maßnahmen oder auch den Entlassungsprozess negativ beeinflussen.

Weil sich nach Auswertung der Patientendaten über einen zweijährigen Zeitraum zeigte, dass es sich bei der Mehrzahl der internistischen Fälle um Patienten handelte, die 65 Jahre und älter waren, wurden im Rahmen eines Qualitätszirkels unter Beteiligung von Ärzten, Pflegekräften, Mitarbeitern des Sozialdienstes und der Krankengymnastik evidente Informationen festgelegt, die bei Aufnahmebei Aufnahme in der Ambulanz oder zeitnah danach erhoben werden müssen.

Dazu gehören:  Name, Telefonnummer, gegebenenfalls Anschrift und Status des nächsten Angehörigen oder der wichtigsten Bezugsperson, eine Kurzinformationen über die Lebenssituation (alleinlebend, mit Partner/Familie, in Pflegeeinrichtung) und den bisherigen Stand der Versorgung (selbstständig, durch Angehörige, durch Pflegedienst),  dass festgehalten wird, ob eine gesetzliche Betreuung oder eine Versorgungsvollmacht vorliegen, wer die Ansprechpartner sind und wie sie erreicht werden können; ebenfalls festgehalten wird, ob eine Patientenverfügung ausgestellt ist. Falls der Patient aus einer Pflegeeinrichtung kommt, sind Name, Telefonnummer und Anschrift der Einrichtung sowie Name und Telefonnummer eines dortigen Ansprechpartners zu dokumentieren. Bringt ein Patient keine schriftliche Pflegeüberleitung aus seiner Einrichtung mit, wird von der Aufnahmeambulanz telefonisch Kontakt mit der Einrichtung aufgenommen und um die Zusendung einer Überleitung per Fax gebeten.

 

Initialassessment zur Feststellung des Überleitungsbedarfs in der Ambulanz

Für alle Patienten wird außerdem ein Initialassessment zur Feststellung des Überleitungsbedarfs  in der Ambulanz erhoben. Eventuell zusätzlich erforderliche Assessments werden auf der Grundlage dieses Erfassungsbogens auf der Station erstellt und vom Stationsarzt angeordnet. Die Erhebung eines Barthel-Indexes erfolgt bei beabsichtigter Überleitung in eine Anschlussheilbehandlung oder eine geriatrische Rehabilitation. Ein Mini-Mental-Test wird im Bedarfsfall vom Stationsarzt erhoben. Für die Entlass und Überleitungsplanung hatte sich das Krankenhaus für eine dezentrale Organisation entschieden, die jeweiligen Bezugspflegekräfte und Stationsärzte übernehmen als nicht-spezialisierte Entlassungsmanager viele Aufgaben aus diesem Bereich. Unterstützt wird das Team dabei durch den Sozialdienst, der sowohl für die Beratung der Patienten in sozialdienstlichen Fragen als auch für die Antragstellung von Pflegestufen, AHB-Maßnahmen und der Kontaktherstellung zu ambulanten Pflegediensten und Sozialstationen zuständig ist.

 

Anforderungen an den Sozialdienst

Die Anforderungen an den Sozialdienst erfolgen je nach Dringlichkeit entweder formlos per E-Mail über das hauseigne Intranet oder über ein Formular, das noch am gleichen Tag durch die Hauspost zugestellt wird. Bei den einmal wöchentlich zusammenkommenden Teamsitzungen sind sowohl ein Mitarbeiter des Sozialdienstes als auch ein Mitarbeiter der Krankengymnastik anwesend. Für konsiliarische Beratungen stehen außerdem bei Bedarf ein niedergelassener Neurologe und ein Facharzt für Geriatrie einer anderen Klinik zur Verfügung. Das Initialassessment zur Feststellung des Überleitungsbedarfs ergab bei Frau P. einen Wert von 19, so dass eine Nachsorgeplanung erforderlich ist. Die Einschränkungen im funktionalen Status ergaben sich hauptsächlich aus der aktuellen Situation. Die ausgeprägte Luftnot in Ruhe sowie bei Belastung noch zunehmend sowie die eingeschränkte Herzleistung sind deutlich wahrzunehmen. Es ist nicht zu erwarten, dass Frau P. mit Behebung der Symptome, die zur Einweisung führten, ihre voll3 ständige Alltagskompetenz wiedererlangen wird.

 

Beantragung des Sozialdienst

Ob die bis dahin zu erwartenden Verbesserungen für eine tagesklinische Nachsorge ausreichen, bleibt fraglich. Damit besteht die Notwendigkeit einer geriatrischen Rehabilitationsmaßnahme, um der Patientin eine Rückkehr in ihr häusliches Umfeld zu ermöglichen. Der Sozialdienst wird noch am Aufnahmetag vom Stationsarzt beauftragt, die Maßnahme bei der Krankenkasse zu beantragen, nachdem mit der Patientin geklärt wurde, dass sie zu der Rehabilitation bereit ist. Ihr erklärtes Ziel ist in jedem Fall die Rückkehr in ihr häusliches Umfeld. Der Barthel Index (BI) ergibt bei Aufnahme auf der Station mit einem Punktwert von 40 einen deutlichen Hinweis auf den Hilfsbedarf.

 

Unterstützung durch das Pflegepersonal

Neben der symptomatischen Therapie wird die Patientin während des stationären Aufenthaltes entsprechend ihrer Wünsche bei den Aktivitäten des täglichen Lebens durch das Pflegepersonal unterstützt. Die Planung der erforderlichen Maßnahmen erfolgt in Absprache mit ihr; berücksichtigt wird ihre hohe Motivation. Der Schwerpunkt der pflegerischen Aufgaben liegt auf einem ATL Training, das Ressourcen in besonderer Weise fördert und die aktive Unterstützung nach und nach situationsangepasst zurücknimmt.

Gleichzeitig werden die Risiken der Überlastung beachtet und die Patientin darauf aufmerksam macht. Frau P. lernt, ihre eigenen Grenzen zu erkennen und zu respektieren, obwohl ihr dies nicht leicht fällt. Sie wird wiederholt auf die Gefahren der unbeaufsichtigten Selbstmobilisation hingewiesen. Frau P. beherzigt die Warnungen und fordert Begleitung ein. Die Krankengymnasten informieren sich täglich vorab über die Tagesverfassung der Patientin und passen die Übungen entsprechend an.

 

Das Klinische Informationssystem

Über das Klinische Informationssystem haben Pflege und Stationsarzt jederzeit Zugang zur Dokumentation der Krankengymnastik, die ihre Maßnahmen und Reaktionen der Patienten darauf, analog der Pflegedokumentation, festhalten. In der Lungensportgruppe werden Frau P. außerdem Strategien und Techniken zur Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit und der verbliebenen Lungenfunktion vorgestellt. Bereits im Verlauf der ersten Woche kommt es zur Verbesserung der Selbstpflegekompetenzen.

 

Kostenübernahme, Hilfs- und Unterstützungsangebote

Die Sozialarbeiterin findet nach Zusage der Kostenübernahme durch die Krankenkasse einen Platz in einer heimatnahen geriatrischen Rehabilitationseinrichtung, die eine Übernahme für den 14. Juli anbietet. In der Teambesprechung wird thematisiert, dass nach Einschätzung der Pflege für Frau P. eine dauerhafte Rückkehr in ihre betreute Wohnung nur dann realistisch ist, wenn Art und Umfang der dortigen Hilfs- und Unterstützungsangebote abgeklärt sind. Innerhalb von zwei Tagen liegt dem Team das vollständige Angebot vor, welches der Sozialdienst eingefordert hatte. Bei einem anschließenden Beratungsgespräch zwischen einer Mitarbeiterin der Pflege, der Patientin und dem Sohn wird die Notwendigkeit einer Unterstützung, die über das morgendliche Anziehen der Stützstrümpfe hinausgeht, besprochen. Frau P. akzeptiert, dass sie nach ihrer Rehabilitation weitere Hilfeangebote in Anspruch nehmen muss.

 

Rehabilitationsmaßnahme

Weil der tatsächliche Bedarf erst nach Abschluss der Rehabilitation festgestellt werden kann, wird zwischen der Pflege und dem Betreuungsteam (DRK) der Wohnanlage festgelegt, dass notwendige Absprachen zwischen dem DRK und der Rehabilitationsklinik vier Tage vor Entlassung von dort erfolgen. Ein Informationsvermerk hierzu wird im Überleitungsbogen der Pflege für die Rehabilitationseinrichtung festgehalten. Frau P. ist von der Sozialarbeiterin ausführlich über die Rehabilitationsklinik, deren Angebote und Möglichkeiten informiert worden.

Die Einrichtung verfügt über ein therapeutisches Team, in dem Ärzte, Fachpflegekräfte, Physiotherapeuten und Krankengymnasten, Ergotherapeuten, Logopäden, Neuropsychologen, Sozialarbeiter und Seelsorger zusammenarbeiten. Um den Erfolg der Rehabilitationsmaßnahme sicher zu stellen, ist eine stationäre Aufnahme geplant.

Die Patientin ist durch die Aussicht motiviert, in absehbarer Zeit wieder in ihre vertraute Umgebung zu kommen. Ihr ist bewusst, dass sie mit ihren verbliebenen Reserven haushalten muss, um keine Rückschritte oder eine erneute Krankenhauseinweisung zu riskieren.

Die Rehabilitationseinrichtung erhält noch vor der Verlegung einen ausführlichen Arztbrief einschließlich der aktuellen Medikation zusammen mit einer vorläufigen Pflegeüberleitung. Parallel dazu erfolgt eine Benachrichtigung des Hausarztes über die bevorstehende Überleitung. Nach telefonischer Absprache mit der Rehabilitationseinrichtung werden der Patientin die Medikamente für die ersten 5 Tage mitgegeben, weil der Aufnahmetag ein Donnerstag ist. Ein Transport wird von der Rehabilitationsklinik organisiert.

Der Sohn von Frau P. begleitet seine Mutter bei der Verlegung. Bei Entlassung aus der Klinik betrug der Barthel-Index 60 Punkte. Frau P. kann mit zufriedenstellenden Selbstpflege- und Alltagskompetenzen nach dreiwöchiger geriatrischer Rehabilitation in ihr häusliches Umfeld entlassen werden. Der Unterstützungsbedarf wurde dem Betreuungsstützpunkt von der Rehabilitationsklinik frühzeitig mitgeteilt, so dass bei der Rückkehr von Frau P. eine individuelle Planung vorlag.

 

Was diese Beispiel verdeutlicht

Das Beispiel zeigt, dass sich bereits durch Korrekturen im Aufnahmeprozess, vor allem aber durch die gezielte Nutzung vorhandener Dokumentations- und Assessmentinstrumente (BRASSIndex, Barthel-Index) der Pflegeprozess innerhalb des Krankenhauses wie auch der Überleitungsprozess in einer patientenorientierten Weise steuern lassen. Dies trägt im Wesentlichen zur Vermeidung des »Drehtüreffekts« bei, der für Senioren mit chronischen Erkrankungen eine besonders große Belastung darstellt. Gleichzeitig weist dieses Beispiel darauf hin, dass sich ein Überleitungsmanagement im Sinne des Patienten und des Krankenhauses dadurch bewerkstelligen lässt, wenn durch berufsübergreifende Zusammenarbeit und frühzeitige, gemeinsame Zielsetzung von allen Beteiligten auf deren Erreichung konsequent hingearbeitet wird. (Quelle: Reibnitz, Christine von, et al. Überleitungsmanagement : Praxisleitfaden Für Stationäre Gesundheitseinrichtungen, Springer, 2011)

 

Hier konnten wir die auch im Webinar “Überleitungsmanagement, was muss ich beachten?” beschriebene Verzahnung der verschiedenen Bereiche genauer betrachten und daraus ableiten, was hier das Wort „Patientenorientierung“ meint.

 

Im nächsten Blogbeitrag, werden wir uns zu diesem Thema noch einige Stolpersteine und Tipps zum Thema anschauen.

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