Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Demenz IdA-Assessment (Teil 2)

Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Demenz IdA-Assessment (Teil 2)

Bisher gibt es in Deutschland noch nicht viele Assessmentinstrumente, die sich auf den Umgang mit herausforderndem Verhalten fokussiert haben.

Aus den USA stammt das NDB-Modell (need-driven dementia-comprimised behaviour model). Es ist das umfassendste und praktikabelste bisher und enthält Hintergrundfaktoren und direkte Faktoren, die Verhaltensweisen erklären oder auslösen können. „Die Hintergrundfaktoren wie neurologische Aspekte, Gesundheitszustand oder demografische Merkmale einer Person sind nicht beeinflussbar, können aber die Entwicklung von Verhaltensweisen erklären und auf ein mögliches Risiko für ihre Entwicklung hinweisen. Die direkten Faktoren wie beispielsweise körperliche Bedürfnisse (Hunger, Durst, Schmerz) oder emotionale Bedürfnisse (Nähe und Sicherheit), sind von Pflegenden –auch unter Hinzuziehung anderer Professionen, wie z.B. Ärzte –beeinflussbar und stellen wichtige Ansatzpunkte für pflegerische Interventionen dar“ (Dr. Magareta Helek, in DEMENZ, S.19)

Unter Nutzung dieses Modells wurde in Deutschland IdA (Innovatives demenzorientiertes Assessment) entwickelt. IdA dient als Gesprächsleitfaden für Fallbesprechungen und strukturiert die Dokumentation.

Es besteht aus drei verschiedenen Teilen: Beschreibung des Verhaltens (möglichst genau und ohne Bewertung um eine Distanz zum Verhalten zu schaffen) Erfassung von möglichen Gründen des Verhaltens und einer Zusammenfassung.

Inhalte des IdA-Assessment

Assessmentbereiche

Leitfragen

Beispiele für Items

TEIL 1: Beschreibung des Verhaltens

Um welches herausfordernde Verhalten handelt es sich genau? Wie häufig, wann,
wie lange, wie stark (Verhalten quantifizieren)? Wie sind die Umstände bzw.
der Rahmen, in dem das Verhalten stattfindet? Ist das Verhalten eine
Belastung oder eine Gefahr-und wenn ja, für wen?

Wie genau verhält sich der Bewohner während der herausfordernden Situation? Zu
welcher Tages-/Nachtzeit zeigt sich das Verhalten?

Verhalten

 

 

TEIL 2: Mögliche Gründe und Anlässe

 

 

Kognitiver Zustand

Lässt sich das Verhalten durch die Form oder das Stadium der Demenz erklären?

Ist sie oder er in der Lage, eine Handlung (z.B. Zähneputzen, Mahlzeit einnehmen) zu
Ende zu führen?

Körperlicher Zustand

Können körperliche Einschränkungen, Krankheiten oder Medikamente mit dem Verhalten
zusammenhängen?

Besteht die Möglichkeit, dass der Bewohner Schmerzen hat?

Selbstständigkeit im Alltag

Können belastende Abhängigkeiten in den Alltagsaktivitäten das Verhalten ausgelöst haben?

Führen Pflegemaßnahmen aufgrund der Pflegeabhängigkeit zu Stress oder zu Belastungen
beim Bewohner?

Kommunikation

Können Verständigungsprobleme Auslöser für das Verhalten sein? Kann das Verhalten
selbst eine Kommunikationsform sein und dieses so erklären?

Sind verbale/nonverbale Äußerungen des Bewohners für andere verständlich?

Persönlichkeit und Lebensstil vor der Demenz

Kann das Verhalten Ausdruck von Persönlichkeitsmerkmalen sein, kann es mit
früheren Lebensereignissen und dem Lebensstil zusammenhängen oder eine
Reaktion auf Stress darstellen?

Wie wurden Stresssituationen vor dem Ausbruch der Demenz meistens bewältigt?

Stimmungen und Emotionen

Kann das Verhalten Ausdruck bestimmter Stimmungslagen oder Emotionen sein oder der
emotionalen Selbststimulation dienen?

Gibt es Situationen bzw. Tageszeiten, die Angstzustände auslösen?

Umfeldeinflüsse

Kann das Verhalten mit bestimmten Umgebungsmerkmalen, mit fehlendem
Sicherheits-/Vertrautheitsgefühl oder mit der Personalstruktur zusammenhängen?

Bevorzugt der Bewohner einen Pflegenden oder mehrere Pflegende als Bezugspersonen
(engere Beziehung, leichterer Umgang, tiefere Beziehungsqualität, Sympathie,
Geschlecht?)

(Quelle:
DEMENZ Dossier 1)

 

 

Im Ablauf würde es so aussehen, dass man erst einmal das Verhalten erfasst (mit IdA Teil 1) und im Anschluss den Handlungsbedarf bewertet. Wenn Handlungsbedarf besteht, wird genauer hingeschaut für wen (Bewohner mit Demenz oder Mitarbeiter, andere Bewohner, Angehörige usw.)  Hier wären mögliche Interventionen z.B. die Arbeitssituation zu verändern, Wissen/Kompetenz verbessern, Arbeitsabläufe überdenken, Angehörigenarbeit anpassen, räumliche Gestaltung anpassen, Organisationsaspekte analysieren, Kommunikationsflüsse verbessern usw. Daraus entwickelt sich die Frage: „Gibt es eine plausible Erklärung für das Verhalten (siehe Teil 1). Falls ja, muss der Erklärung entsprechend gehandelt werden. Falls nein, wird der Teil 2 angewendet und passend zu den vermuteten Ursachen/Gründen Maßnahmen entwickelt unter Berücksichtigung der Rahmenempfehlungen.

Auf die Frage, was man mit „solchen Bewohnern“ mit herausforderndem Verhalten tun kann und soll, gibt es keine einfache Antwort, denn dazu ist das Krankheitsbild der Demenz zu komplex und auch jedes Individuum mit seiner eigenen Geschichte und seinem eigenen Charakter zu vielschichtig für eine Lösung nach dem Schema F.

Der Ansatz von IdA stellt allerdings eine gute Möglichkeit des Perspektivwechsels dar.

 

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  1. Demenz – Geschichte, Gegenwart, Zukunft der Erkankung
  2. Der neue Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“ -Stärken und Hürden
  3. Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Demenz- Perspektiven (Teil 1)
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