Stellt euch ein Seniorenheim vor, in dem alle BewohnerInnen ihren Trainingsanzug anziehen, Hanteln stemmen und weitere sportliche Übungen praktizieren und das täglich. Nein, es handelt sich hier nicht um ein Heim für ehemalige LeistungssportlerInnen, sondern um die in Berlin und Brandenburg ansässigen Einrichtungen des Pflege- und Betreuungsanbieters domino-world. Hier erhalten die BewohnerInnen ein ganzheitliches Coaching mit Fitness-Training. Das sogenannte domino-coaching hat nämlich einen therapeutischen Fokus und wird als Rehabilitationsprozess verstanden, in dem die BewohnerInnen wieder so fit wie möglich gemacht werden sollen.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Das Coaching-Programm
  2. Ziele visualisieren
  3. Die Ausstattung von der die Bewohner profitieren
  4. Wissenschaftlich nachgewiesen
  5. Methode führt zu Auszügen aus dem Heim

Lesezeit: 15 Minute / 986 Wörter

Die Idee eines rehabilitativen Coachings entstand im Jahr 2000, beschreibt der Mitbegründer und Vorstandsvorsitzende von domino-world, Lutz Karnauchow. Im Gegensatz zu Pflege- und Betreuungsmethoden, die häufig unter dem Titel „Satt und Sauber“ zusammengefasst werden, habe das domino-coaching zum Ziel, den Gesundheitszustand seiner KlientInnen zu verbessern und deren verlorenen Fähigkeiten zurück zu gewinnen.
Die speziell dafür ausgebildeten MitarbeiterInnen von domino-world sind mit den Grundlagen der Rehabilitation vertraut und verfügen über psychologische Kenntnisse und Fähigkeiten. Sie erhalten eine Ausbildung zum domino-coach, die mit einer Prüfung abschließt. Ein Coach betreut dann um die sieben KlientInnen und dies vor allem in der Funktion des Personal Trainers. Die Coaches erhalten regelmäßig Supervision, um schwierige Prozesse besprechen zu können.

Das Coaching-Programm

Das Coaching-Programm beginnt für jeden Patienten, jede BewohnerIn – im Coaching-Kontext werden sie KlientInnen genannt – mit einem Erstgespräch. Hier können die KlientInnen besprechen, was sie mit dem Programm erreichen möchten, zum Beispiel wieder Treppen steigen, selbständig essen oder sich anziehen können, sich mit Freunden im Café treffen. In einem geriatrischen Assessment werden dann die körperliche Gesundheit und die psychosozialen und funktionellen Fähigkeiten bewertet. Daraus wird ein Stärken- und Schwächenprofil erstellt. Als Ausgangslage für die Therapie werden dann Zielvereinbarungen formuliert, die anhand des Assessments eine realistische Grundlage haben. Das Therapieprogramm samt Fitness-Übungen wird vom Coach erstellt und die KlientInnen regelmäßig bei den Übungen von ihm/ihr angeleitet.

 

Ziele visualisieren

Neben dem Coaching, in dem die KlientInnen für ihre Zielerreichung auch mental gestärkt werden, malen sie außerdem Bilder oder fertigen Collagen an, die ihre Wünsche bzw. ihre Ziele visualisieren. Diese platzieren sie dann als Visionboard gut sichtbar in ihrem Zimmer. Einmal im Monat treffen sich Coach und BewohnerIn zu einem Gespräch, in dem die individuelle domino-coaching-Therapie überprüft und gegebenenfalls optimiert wird.

Jeder Bewohner, jede Bewohnerin der insgesamt drei Heime von Domino-World erhält pro Tag mindestens eine Stunde Reha in Form von Einzel- und Gruppentrainings, Kraft- oder Zirkeltraining an Geräten oder auch Qigong [Anmerkung: Qigong ist eine meditative Bewegungsform, die der traditionellen chinesischen Medizin entstammt und Übungen zur entspannten Konzentration mit Körper- und Atemübungen verbindet, Quelle: Techniker Krankenkasse]

Die Ausstattung von der die Bewohner profitieren

In jedem Heim gibt es ein Fitnessstudio, in dem die BewohnerInnen sich anhand von Crosstrainern, Laufband, Beinpresse oder Sprossenwand fit machen können. Hanteln und Bohnensäckchen können mit auf das Zimmer genommen werden. Auch die Pflege am Morgen wird für die Mobilisation genutzt, beschreibt der Vorstandsvorsitzende Karnauchow. Physiotherapeuten und FitnesstrainerInnen ergänzen mit ihrer Expertise das Programm.
„Wir messen in bestimmten Abständen die körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie die psychische Gesundheit. Uns gelingt es meistens, zumindest in einem dieser Bereiche Verbesserungen zu erzielen. Einige Bewohner können nach wenigen Wochen domino-coachingTM zum Beispiel wieder selbstständig essen oder zur Toilette gehen, sind weniger depressiv oder weniger kognitiv beeinträchtigt“, so Karnauchow. Mit der Vorgehensweise des domino-coachings werde das Schlüsselproblem von “pflegebedürftigen” Menschen, nämlich die dramatischen Einschränkungen von Lebensqualität, wirkungsvoll bearbeitet.

Wissenschaftlich nachgewiesen

Die Effektivität dieses Ansatzes wurde in einer Evaluierung des domino-coachings durch das Fraunhofer-Institut belegt. Das Ergebnis zeigte, dass es PatientInnen, die im Rahmen von domino-coaching betreut wurden, signifikant besser ging, als denen, die nach herkömmlichen Standards gepflegt wurden und das unabhängig von Alter und Erkrankungen. (Quelle: https://prowis.net/_media/fallstudien:fit_bgp_domino.pdf. Dies ist in einer Quelle von domino-world beschrieben)

Methode führt zu Auszügen aus dem Heim

Pflegeheime müssen keine Endstation sein, denn mithilfe des Coachings schaffen es PatientInnen immer wieder, aus dem Pflegeheim wieder auszuziehen, so Dr. Petra Thees, eine weitere Vorstandsvorsitzende von domino-world. In 2021 konnten 17 BewohnerInnen aus dem Heim ausziehen und 2022 werden es voraussichtlich 30 sein. https://www.domino-world.de/domino-world/management/. Unser Bild vom Alter stamme laut Thees noch aus dem vergangenen Jahrhundert. Die Menschenwürde müsse in jedem Alter unantastbar bleiben. Heißt: Man wolle eine Anti-Altenpflege-Bewegung anstoßen und zu einem Umdenken bewegen, hin zu einer individuelleren gesundheitsfördernden Zuwendung an die zu Pflegenden. Aus diesem Grunde wurde im Jahr 2020 die domino-coaching Stiftung gegründet. Die Stiftung setzt sich für ein neues gesellschaftliches Bild über das Altwerden ein, das unserer demografischen Entwicklung gerecht wird. Zweck der Stiftung ist die Förderung, Weiterentwicklung und Verbreitung der Methodik des domino-coachings als Alternative zur herkömmlichen Altenpflege. https://www.domino-coachingstiftung.de/

Was denkt Ihr über diesen deutlich innovativen Ansatz? Eine individuelle Betreuung und Unterstützung, gerade wenn Einschränkungen auftreten, tut wohl den meisten Menschen gut. Allein das Interesse und die Motivation der MitarbeiterInnen an einer Besserung der KlientInnen hin zu mehr Eigenständigkeit und Selbstbestimmung muss schon eine starke Wirkung auf die Betroffenen haben. Inwieweit wird dies bisher in unserer Altenpflege angestrebt?
Der Expertenstandard „Erhalt und Förderung der Mobilität“ erkennt die Wichtigkeit der Aktivierung und Förderung der Beweglichkeit von zu Pflegenden an. Allerdings ist dieser bisher lediglich eine Empfehlung und nicht verbindlich in der Anwendung. Wird es nicht Zeit, dass hier ein größeres Augenmerk drauf gerichtet wird? In Anbetracht der Tatsache, dass in Deutschland immer mehr Menschen in das Alter kommen, wo Pflegebedürftigkeit eine Rolle spielen kann, scheint es notwendig, dass wir über die Art und Weise sowie die Wirkweise der Pflege nachdenken. Laut dem Statistischen Bundesamt ist heute jede zweite Person in Deutschland älter als 45 Jahre und jede fünfte Person älter als 66 Jahre (Quelle: https://www.destatis.de/). Das sind eine Menge Menschen, die vielleicht eines Tages pflegerisch versorgt werden müssen. Es wäre daher doch im Interesse des Gesundheitssystems, alternde Menschen zu stärken und zu fördern und ihre Eigenständigkeit bestmöglich zu erhalten bzw. wiederherzustellen.

Wenn ihr Interesse an dieser Ausrichtung habt, dann könnt ihr euch bei uns weiterbilden. Hier findet ihr Informationen über unsere Weiterbildung zum Gesundheitsberater/Gesundheitscoach.

Was sind eure Gedanken zum Thema Mobilität und Gesundheitsförderung in der Pflege? Bitte teilt eure Meinung dazu in den Kommentaren!

Quellen:
https://www.domino-world.de/

domino-world Wissensbilanz-2020.pdf

https://www.dnqp.de/expertenstandards-und-auditinstrumente

https://www.hoeher-akademie.de/gesundheitsberater/

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