Die Auswirkungen des Krieges auf das Gesundheitssystem

Die Auswirkungen des Krieges auf das Gesundheitssystem

Vor genau 3 Monaten begann der Krieg in der Ukraine. Erschreckend, wie schnell die Zeit auch in diesem Zusammenhang vergeht. Die Solidaritätsbekundungen aus aller Welt sind grenzenlos. Internationale Politiker reisen in das Land, um ihre Unterstützung zu bekunden.

Inhaltsverzeichnis:

  1. Auswirkungen für das ukrainische Gesundheitssystem
  2. In Deutschland erfolgt die Zuordnung der PatientInnen wie bereits in der Pandemie im Kleeblatt-System
  3. Neue Bundeskontaktstelle für aus der Ukraine geflüchtete Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftige
  4. Psychische Versorgung der Ukraine-Geflüchteten

Lesezeit: 8 Minute / 899 Wörter

Öffentliche Gebäude werden in gelb/blau angestrahlt, in vielen (deutschen) Vorgärten weht die ukrainische Flagge und überall werden Spenden gesammelt. Bono, der Sänger der Band U2, gibt ein Konzert in einer U-Bahn-Station in Kiew und die Ukraine wurde vom Publikum des Eurovision Song Contest mit überlegener Punktzahl zur Siegerin gewählt.

Auch wenn der Krieg in vielerlei Hinsicht und vor allem in den Medien allgegenwärtig ist wollen wir in unserem heutigen Blog darauf eingehen, welche Herausforderungen damit für das jeweils ukrainische und unser Gesundheitssystem verbunden sind und auf ein paar wichtige Links aufmerksam machen.

Auswirkungen für das ukrainische Gesundheitssystem

Das ukrainische Gesundheitsministerium berichtet von mehr als 270 zerstörten oder beschädigten Krankenhäusern und dies wird wohl leider nicht die endgültige Anzahl sein. Oleksii Yaremenko, Minister des ukrainischen Gesundheitsministeriums, spricht von einer humanitären Krise. Vielen verbliebenen Health-Care-Einrichtungen fehle es an Medizin und medizinischem Equipment wie „Analgetika, Antibiotika, Anästhetika, Erste-Hilfe-Pakete, mobilen Röntgengeräte und Ultraschallgeräten“. Die Ukrainische Ärztevereinigung in Deutschland e.V. ist hier eine der vielen Organisationen, die dringend benötigte medizinische Hilfsgüterlieferungen in die Ukraine organisiert. Ukrainische Ärztevereinigung in Deutschland e.V. Weitere Hilfsorganisationen finden Sie hier:
Hilfsorganisationen und Spendenaufrufe
Insgesamt wird der Krieg große Auswirkungen auf das Gesundheitssystem der Ukraine haben. Unter den Flüchtlingen werden unter anderem viele Ärzte und Pflegekräfte sein, die bei uns integriert und dann in der Ukraine fehlen werden. Viele von ihnen werden auch nach Kriegsende nicht in ihr Heimatland zurückkehren. [Health & Care Management, Ausg. 3/2022]

In Deutschland erfolgt die Zuordnung der PatientInnen wie bereits in der Pandemie im Kleeblatt-System

Bei uns muss neben der medizinischen Erstversorgung von Geflüchteten auch die Behandlung vor bestehender Krankheiten erfolgen. Wie in der Pandemie werden kritisch Kranke über das „Kleeblatt-System“ verteilt. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erläutert auf seiner Internetseite, wie das System für die ukrainischen PatientInnen angewendet wird, hier der Link: Das Kleeblatt-Konzept zur Verlegung von ukrainischen Patientinnen und Patienten

Neue Bundeskontaktstelle für aus der Ukraine geflüchtete Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftige

Für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen haben das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in Kooperation mit dem Deutschen Roten Kreuz eine Kontaktstelle für aus der Ukraine geflüchtete Menschen mit Behinderungen und Pflegebedürftige geschaffen.

„Die Bundeskontaktstelle stellt grundlegende Informationen rund um das Thema Flucht und Behinderung/Pflegebedarf über einen Internetauftritt sowie eine Hotline zur Verfügung. Sie fungiert als Schaltstelle der zahlreichen in das Fluchtgeschehen involvierten Akteure, an der wichtige Informationen zusammenlaufen und zügig weitergeleitet werden. In Zusammenarbeit mit den für die Versorgung primär zuständigen Ländern trägt die Bundeskontaktstelle so dazu bei, schnell passende Hilfsangebote zu vermitteln. Mit einem Monitoring über bereits erfolgte und anstehende Transporte hilft sie ferner dabei, das Fluchtgeschehen transparenter zu gestalten.“

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach sagt dazu: „Pflegebedürftige flüchten häufig in Begleitung von Familienangehörigen. Sie benötigen in Deutschland rasch niedrigschwellige Hilfen. Wir wissen um die große Hilfsbereitschaft unter den stationären Pflegeeinrichtungen und sind dankbar dafür. Wir wollen nun dazu beitragen, diese Hilfsangebote bestmöglich zugänglich zu machen.“  [Pressemitteilung des BMG vom 04.05.2022]. Hier finden Sie die Webseite der Bundeskontaktstelle: https://drk-wohlfahrt.de/bundeskontaktstelle/

Psychische Versorgung der Ukraine-Geflüchteten

Viele Geflüchtete sind vom Krieg traumatisiert und benötigen psychische Hilfe. Lukas Welz, Geschäftsleiter der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) nimmt an, dass etwa ein Drittel der Flüchtlinge aus der Ukraine eine psychische Erkrankung wie Depressionen, Angststörungen oder eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt. Diese Erkrankungen müssen genauso behandelt werden wie körperliche Verletzungen, andernfalls werden sie zu chronischen Leiden und zu einer jahrzehntelangen oder auch lebenslangen gesundheitlichen Belastung. Fraglich ist, wie dies bei dem bereits knappen psychotherapeutischen Versorgungsangebot in Deutschland zu stemmen sein wird.  Laut Welz ist damit zu rechnen, dass die Nachfrage an psychosozialer Begleitung und Therapie von Geflüchteten aus der Ukraine in den nächsten Wochen und Monaten drastisch ansteigen wird. Hier werden dann auch DolmetscherInnen gebraucht, die die sprachliche Barriere überbrücken können.
Außerdem werfe die Therapie von geflüchteten Menschen häufig auch Fragen des Aufenthaltsstatus und andere soziale Themen auf, die eigentlich in den Bereich der Sozialarbeit fallen und nicht als psychotherapeutische Leistung abgerechnet werden können. In den psychosozialen Zentren werde dies laut Welz zwar durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit gelöst, leider waren jedoch auch hier die Kapazitäten schon vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine am Limit. Psychotherapeutische Praxen und Beratungsstellen seien zudem weder von den Kapazitäten noch durch die spezifische Expertise im Umgang mit schwersten Traumata nach Folter und Krieg oder im Umgang und der Finanzierung von Übersetzungshilfen vorbereitet. Welz appelliert an Bund und Länder, eine schnelle und ausreichende Finanzierung der psychosozialen Versorgung für Flüchtlinge mit Folter- und Kriegserfahrungen zu ermöglichen.
Wichtig sei aber vor allem auch, wie die ukrainischen Flüchtlinge in unserem Land aufgenommen werden. Da seien eine Unterkunft, Nahrung, ein Aufenthaltstitel und der Zugang zum Arbeitsmarkt alles Faktoren, die einen großen Einfluss auf die seelische Gesundheit haben.  [Quelle: RND „Psychische Versorgung der Ukraine-Geflüchteten“, https://www.baff-zentren.org/hilfe-vor-ort/psychosoziale-zentren/]

Wie in vielen anderen Bereichen wird der Krieg Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem haben. Wie groß diese sein werden, können wir noch nicht einschätzen. Wenn Sie noch Hinweise und hilfreiche Adressen kennen posten Sie diese bitte in den Kommentaren.

Scroll to Top

In Zukunft keinen Blogartikel mehr verpassen

Wir helfen Ihren gerne Ihre Pflegewissen zu verteifen und Ihre Ziele zu erreichen. Hinterlassen Sie unten Ihre Emailadresse und wir senden Ihnen regelmäßig unserer Newsletter mit aktuellen Informationen aus der Welt der Pflege.

Premium Mitgliedschaft

30 Tage kostenlos.

Kostenlos Registrieren