Die besonderen Belastungen und Gefahren in der Nachtschicht

Laptop, watch and night with a black woman nurse working overtime on research in a hospital for hea

In diesem Artikel soll es nicht um die körperlichen Belastungen gehen, denen Pflegekräfte durch die Nachtschicht ausgesetzt sein können wie zum Beispiel Schlafstörungen. Darauf und wie man dem vorbeugen kann, werden wir in einem anderen Blogartikel eingehen.
Hier in diesem Artikel ist der enge Personalschlüssel gemeint, der dazu führt, dass Pflegekräfte in der Nachtschicht meist für viel zu viele Bewohner:innen zuständig ist. Christel Bienstein, Pflegewissenschaftlerin und Präsidentin des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) führte eine Studie zur Nachtarbeit von Pflegekräften durch und fand dabei heraus, dass 72 Prozent der Pflegenden nachts alleine für eine Station oder – je nach Größe – für eine Einrichtung zuständig ist und währenddessen für durchschnittlich 52 Bewohner:innen die Verantwortung trägt. Mitunter muss dieser Nachtdienst laut Bienstein von der Pflegefachkraft sogar über zwei Etagen geleistet werden.

Jedes Bundesland hat seinen eigenen Personalschlüssel für die Nachtwache in stationären Pflegeeinrichtungen

Für Kliniken und Krankenhäusern ist es mittlerweile bundeseinheitlich geregelt, wie viele Pflegekräfte pro Station eingesetzt sein müssen. In der vollstationären Pflege sind die Regelungen jedoch in den jeweiligen Bundesländern verschieden. Dabei gibt es nur in ein paar wenigen Bundesländern feste Personalschlüssel: Baden-Württemberg (1:45), Bayern (1:40), Hessen und Bremen (in beiden Bundesländern 1:40). Laut Pflegen-Online sind dabei in Baden-Württemberg bei 90 Pflegebedürftigen dann nicht zwei Pflegefachkräfte eingesetzt, sondern dort reicht bei dieser Zahl eine Fach- und eine Hilfskraft. In Berlin gibt es zum Beispiel keine gesonderten Personalschlüssel für die Nacht. Die Berliner Heimaufsicht ermittelte bei Schwerpunktprüfungen einen Personalschlüssel von 1 zu 40 oder 1 zu 50.

Mögliche Herausforderungen einer Pflegekraft in der Nachtschicht

Führe wir uns die Herausforderungen nochmal genauer vor Augen, die eine Pflegekraft des Nachts meistern muss:

  1. Arbeitsbelastung: als einzige Pflegekraft in der Nachtschicht muss diese sich um alle Bedürfnisse und Anforderungen aller Bewohner:innen kümmern und wenn wir von durchschnittlich 52 Menschen ausgehen, muss sie höchstwahrscheinlich häufig mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen.
  2. Notfälle: In der Nacht treten möglicherweise unvorhergesehene medizinische Notfälle auf. Die alleinige Pflegekraft muss in solchen Situationen schnell reagieren, die Situation bewerten und angemessene Maßnahmen ergreifen, bis zusätzliche Hilfe eintritt.
  3. Verantwortung: Die Pflegekraft trägt in der Nacht die volle Verantwortung für die Sicherheit und das Wohlbefinden der zu Pflegenden. Sie muss sicherstellen, dass alle erforderlichen Aufgaben erledigt werden, Medikamente rechtzeitig verabreicht und alle Protokolle und Verfahren befolgt werden.
  4. Zeitmanagement: Es kann eine Herausforderung sein, alle Aufgaben während der Nachtschicht effizient zu erledigen. Hier müssen möglicherweise Prioritäten gesetzt– oder Abstriche gemacht – werden – damit die dringendsten Aufgaben zuerst erledigt werden und gleichzeitig die allgemeine Versorgung und Überwachung der Patient:innen gewährleistet ist.
  5. Erschöpfung: Bei all diesen Anforderungen überrascht es nicht, dass die Arbeit alleine in der Nacht physisch und emotional anstrengend sein kann. Der Schlafmangel und die Umstellung des Schlafrhythmus können zu Erschöpfung führen und die Konzentration beeinträchtigen, was sich wiederum auf die Pflegequalität auswirkt. Die überhöhten Ansprüche und die Verausgabung einer Pflegekraft und ein möglicherweise schlechtes Gewissen, den Anforderungen nicht gerecht zu werden, tragen zur psychischen Belastung bei.
  6. Einsamkeit: Und natürlich kann in dieser Situation ein Gefühl der Isolation und Einsamkeit entstehen.

Das sind also eine ganze Reihe von Anforderungen, der eine alleinige Pflegekraft ausgesetzt ist. Insbesondere wenn ein Notfall bei einem/einer Bewohner:in auftritt, ist hier die volle pflegerische Kompetenz gefordert, andere Bewohn:innen können in der Zeit kaum im Blick behalten werden. Demenzerkrankte Bewohner:innen, die in der Zahl deutlich zugenommen haben, können umher wandern und im falschen Zimmer landen oder brauchen aus anderen Gründen die vermehrte Aufmerksamkeit. Nur weil es nachts ist, bedeutet es also nicht, dass mehr Ruhe einkehrt.

Wie kann die Situation verbessert werden?

Vor dem Hintergrund des ganzen Personalschlüssel-Wirrwarr in den einzelnen Bundesländern fordert der Arbeitgeberverband Pflege e.V. eine einheitliche Mindestpersonalvorgabe, wie es auch in den Krankenhäusern geregelt ist. Und auch die Präsidentin des DBfK, Bienstein setzt sich für klare und bundesweit geregelte Vorgaben der Gesundheitspolitik ein. Sie meint, eine Alleinverantwortung für 30 oder 40 Bewohner:innen dürfte nicht mehr gestattet sein. Ein weiterer Gedanke ist, die Pflegegrade der Bewohner:innen in die Berechnung des Personalschlüssels miteinzubeziehen. Das erscheint sinnvoll, denn der Pflegebedarf macht deutlich, wieviel Unterstützung nachts erforderlich sein kann. Nora Roßner, Referentin beim Deutschen Caritasverband würde gerne ausschließen können, dass eine Pflegefachkraft in der Nachtschicht allein ist, um zu vermeiden, dass sie sich eventueller Gefahren aussetzt. Sie schlägt vor, dass in der Zeit von 21 bis 1 Uhr nachts immer zwei Pflegekräfte Nachtwache halten sollten, da zu dieser Zeit wohl die meiste Unruhe unter den Bewohner:innen herrsche. Dies könne man gewährleisten, indem der Spätdienst verlängert wird oder eine Kraft morgens aus der Frühschicht seinen Dienst früher antritt.

Wenn man sich mit diesem Thema befasst, kann man feststellen, dass es hier noch viel Regelungsbedarf gibt, um eine zuverlässige und machbare Pflege gewährleisten zu können. Wie sind eure Erfahrungen mit der Nachtschicht? Teilt diese gern mit uns in den Kommentaren!

 

Quellen:

https://www.werdenfelser-weg-original.de/studie-nacht-in-der-pflege/

Studie: Bienstein_Nachts_im_Krankenhaus

https://www.pflegen-online.de/ein-oder-zwei-nachtwachen-wo-personalschluessel-am-strengsten-sind

allein-in-der-nachtschicht-schluss-mit-dem-horror

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