Sich jünger denken

Das Thema Älterwerden ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Wir wissen, dass wir mit dem Alterungsprozess abbauen. Wir wissen, dass die Körpersysteme beginnen, nicht mehr fehlerfrei zu funktionieren und die geistigen Fähigkeiten bei den meisten von uns nachlassen. Wir hören und sehen schlecht, das Erkennen, Verstehen und Lernen neuer Sachverhalte wird schwerfälliger und das Interesse an Neuem eingeschränkter. Krankheiten können hinzukommen.
So ist es überall zu lesen und in dieser Weise wird darüber meist gesprochen. Und die Mehrzahl von uns erlebt es genau so. Dann muss es ja auch so sein. Jegliche andere Erwartung wäre ein Leugnen dieses unvermeidbaren Vorganges.

Aber was wäre, wenn es doch eine andere Möglichkeit des Alterns gäbe? Wenn unsere Vorstellung vom Älterwerden nichts mit Schwäche, Gebrechlichkeit und Kranksein zu tun hätte?  Was wäre, wenn unsere Vorstellung vom Altern die wäre, dass wir immer stärker werden, an Energie, Klarheit, Weisheit und Ausstrahlung gewinnen, anstatt hier abzubauen? Hört sich ein bisschen verrückt an und ist wie gesagt total entgegen der landläufigen Meinung über diesen Prozess.

Inhaltsverzeichnis:

    1. Die Counterclockwise-Studie – das Alter zurückdrehen
    2. Der Einfluss des Mindsets auf den Körper
    3. Rückgang an Demenzerkrankungen durch veränderten Lebensstil?
    4. Demografische Entwicklung und Bedeutung für die Pflege

Lesezeit: 10 Minute / 1.000 Wörter

Die Counterclockwise-Studie – das Alter zurückdrehen

Eine Studie, die bereits vor vielen Jahren durchgeführt wurde, konnte demonstrieren, was für einen gravierenden Einfluss die Einstellung und das Verhalten zum Alter auf den Menschen zu haben scheint. Im Jahre 1979 führte Ellen Langer, eine amerikanische Psychologin, ein Experiment mit dem Titel „Counterclockwise Study“ [counterclockwise = entgegen dem Uhrzeigersinn] durch.
Sie lud eine Gruppe von Männern, alle um die 70 Jahre alt, für eine Woche zu einem Rückzugsort ein, der so eingerichtet war, wie im Jahr 1959. So, als würde man die Zeit um 20 Jahre zurückdrehen. Die Kleidung, die Dekoration, die Musik im Radio, die Zeitschriften auf dem Sofatisch – alles war genauso gestaltet wie in der damaligen Zeit Ende der fünfziger Jahre.
Die Herren, also die Versuchsteilnehmer dieses Experiments, wurden außerdem instruiert, sich während Ihres Aufenthalts in dieser Umgebung selbst auch so zu verhalten als würden sie sich tatsächlich im Jahr 1959 befinden und sich über Themen aus der Zeit zu unterhalten. Alle weiteren anwesenden Personen behandelten die Männer ebenfalls so, als wären sie 20 Jahre jünger. Niemand hat sie wie alte Leute behandelt. Und die Männer verhielten sich in dieser Zeit entsprechend, als wären sie wieder in 1959 und selbst um die 50 Jahre alt anstatt um die 70.
Kurze Zeit nach Beginn des Experiments zeigten sich bei diesen ursprünglich bereits gebrechlich wirkenden Männern Veränderungen. Sie mussten nicht mehr so tun, als wären sie jünger, sie fühlten sich auch jünger. Am Ende dieser Woche konnten die Wissenschaftler diesen Unterschied tatsächlich auch messen. Alles – von ihren geistigen Fähigkeiten, ihrer körperlichen Kraft, Gedächtnis und Hörvermögen zeigte eine deutliche Verbesserung. Man konnte physikalisch messen und nachweisen, dass diese Fähigkeiten sich verbessert, sozusagen verjüngt, hatten.
Unabhängige Freiwillige, die nicht am Experiment beteiligt waren, wurden zu Beginn und am Ende des Experiments gebeten, das Alter dieser Männer zu schätzen. Und auch auf sie wirkten die Männer am Ende der Woche um Jahre jünger als bei ihrer Ankunft.

Den eigentlich 70-jährigen Männern schien es in diesem Experiment zu gelingen, tatsächlich die Uhr in ihrem Körper zurückzudrehen!

Der Einfluss des Mindsets auf den Körper

Was kann man nun mit den Ergebnissen dieser Studie anfangen? Schön und gut, dass das Experiment gelungen war. Aber das Altern wird doch nun mal allgemein als biologisch vorbestimmter Prozess wahrgenommen und so können wir es immer wieder bei uns und unseren Mitmenschen beobachten. Das ist doch Beweis genug.

Die Counterclockwise-Studie von Ellen Langer zeigt jedoch, dass unser Mindset – unsere innere Haltung und Denkweise – Einfluss auf unsere körperliche Beschaffenheit hat. Es ist demnach unsere Vorstellung vom Älterwerden, die beeinflusst, wie wir uns selbst und andere wahrnehmen. Wenn wir bei älteren Menschen die Erwartung haben, dass diese in ihren allgemeinen Fähigkeiten abbauen, dann behandeln wir sie genau auf diese Weise. Wir erzeugen damit eine selbsterfüllende Prophezeiung. Wir tragen dazu bei, dass das, was wir erwarten auch tatsächlich eintritt.
Das bedeutet doch, dass gesundes Altern in unser aller Köpfen anfängt. Demnach können wir „so jung sein, wie wir uns fühlen“.

Rückgang an Demenzerkrankungen durch veränderten Lebensstil?

Der Hirnforscher Gerald Hüther berichtet in einem seiner Vorträge, amerikanische und englische Studien würden zeigen, dass die Demenzerkrankungen bei den heutigen 60-70-jährigen Menschen im Vergleich zu den 60-70-jährigen Menschen vor 10 Jahren deutlich zurück gehen. Das heißt, es gibt – wider unserer Erwartung – nun eine älterwerdende Generation, in der die Demenzerkrankungen zurückgehen. Er beschreibt dazu, wie diese Altersgruppe in der heutigen Zeit wesentlich aktiver am gesellschaftlichen Leben teilnimmt, zum Beispiel ins Kino und Theater, zum Sport geht und sich ehrenamtlich engagiert. Hüther nimmt an, dass es einen Zusammenhang zwischen diesem aktiven Lebensstil und dem Rückgang der Demenzen gibt.

Demografische Entwicklung und Bedeutung für die Pflege

Laut statistischem Bundesamt ist etwa jeder 5. Mensch in Deutschland 65 Jahre oder älter. Die Tendenz ist steigend, da die geburtenstarken Jahrgänge (Babyboomer) jetzt und in den kommenden Jahren nach und nach in dieses Alter kommen. Auch die Zahl der hochbetagten ab 85 Jahre stieg von 1991 bis 2021 auf 2,6 Mio und hat sich damit in diesem Zeitraum verdoppelt. Für die Pflegebranche bedeutet das immer mehr Menschen, die der Pflege bedürfen. Wie bekommen wir diese Entwicklung mit dem Pflegenotstand geregelt? Muss der Pflegeberuf erweitert werden und die Herangehensweise an das Altern neben der Pflege auch verstärkt auf die Förderung des alternden Menschen gehen? Sollten wir vermehrt wie der Frühförderung für Kinder auf eine Spätförderung bei Senioren setzen? Hier schließen sich dann wieder viele weitere Fragen an…

 

Quellen:

https://www.thieme.de/statics/dokumente/thieme/final/de/dokumente/tw_pflegepaedagogik/20_Physiologie_des_Alterns.pdf

Youtube: Ellen Langer ‘Counterclockwise: the power of possibility’

Youtube: Gerald Hüther: “Raus aus der Demenzfalle”

Deepak Chopra: Ageless Body, Timeless Mind.

Ageing as a mindset a study protocol to rejuvenate older adults with a counterclockwise psychological intervention

Statistisches Bundesamt: Ältere Menschen. Die Bevölkerungsgruppe der älteren Menschen ab 65 Jahren

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