Neue Gewohnheiten schaffen

Nun ist das neue Jahr bereits 2 Wochen alt, da können wir uns mal fragen: Wie steht’s um unsere Vorsätze für 2024?

Gesündere Ernährung, Sport treiben, weniger Süßigkeiten, sich mehr um sich selbst kümmern, Kontakte pflegen, regelmäßig spazieren gehen, Neues entdecken? Hört sich nach guten Vorhaben an. Welche Vorsätze habt Ihr Euch für dieses Jahr vorgenommen? Und wie klappt es nun mit der Umsetzung? Damit die guten Vorsätze nicht im Alltag verpuffen, wollen wir uns in diesem Blogartikel damit beschäftigen, wie wir es anstellen können, unsere Gewohnheiten zu ändern bzw. neue Gewohnheiten zu schaffen.

Gewohnheiten lümmeln sich in der Komfortzone

Und das ist auch schon der springende Punkt – die Gewohnheiten. Wo fühlen diese sich besonders wohl? In unserer jeweiligen Komfortzone. Dort wimmelt es von Gewohnheiten, die ihre gemütliche Ecke ungerne verlassen möchten. Runter von der Couch und Sport treiben, gesunde Mahlzeiten kochen, sich überlegen, was man für sich selbst tun kann, undsoweiter… Das ist doch irgendwie unbequem und man hat im Alltäglichen ja schon genug Anforderungen. Muss das denn wirklich sein? Was habe ich mir bei diesem Neujahresvorsatz gedacht? Vielleicht war es doch ein vorübergehender Überschwang, den ich nicht so ernst nehmen muss. Dann erinnert euch nochmal: Warum habt ihr euch vorgenommen, euch gesünder zu ernähren? Weil es sich gut anfühlt, man fitter und statt Brainfog insgesamt wacher im Kopf ist? Weil man ausgeglichener ist, wenn man regelmäßig Sport treibt? Oder weil neue Erfahrungen belebend sind und man neue Seiten an sich entdecken kann? Das sind sehr gute Argumente dafür, sich einmal damit zu befassen, wie man die Komfortzone ein wenig verkleinern kann.

Die Hirnbiologie

Aber zunächst müssen wir verstehen, warum es uns so schwer fällt, Gewohnheiten zu ändern. Aus der Hirnbiologie weiß man mittlerweile, dass das Gehirn ein Leben lang formbar ist (Neuroplastizität), das bedeutet, es kann sich lebenslang in seiner Struktur ändern. Somit können auch wir uns immer wieder ändern, egal wie alt wir sind. Diese Fähigkeit ist also nicht nur Menschen mit jungem Lebensalter vorbehalten. Warum ist es denn dann überhaupt schwer, neue Verhaltensweisen zu etablieren?
Der bekannte Hirnforscher Gerald Hüther, mit dem wir übrigens zu einem anderen Thema mal einen Podcast aufgenommen haben, kann dies erklären: Unser Gehirn ist darauf ausgelegt, möglichst energiesparend zu arbeiten, also mit möglichst wenig Energieaufwand alle unsere Funktionen steuern zu können. Gewohnheiten und Routinen sind demnach Energiesparprogramme für unser Gehirn. Neue Gewohnheiten erfordern (zunächst einmal) mehr Energie. Wofür würde sich also unser auf wenig Energieaufwand bestrebtes Gehirn entscheiden: Mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren oder wie bisher schneller mit dem Auto sein, sich selber einen gesunden Salat zubereiten oder stattdessen die Fertigpizza in die Heißluftfritteuse zu schieben, morgens 20 Minuten auf den Stepper oder sich lieber nochmal gemütlich umdrehen, eine kulturelle Veranstaltung besuchen oder die Netflix-Serie weitergucken? Es ist also nicht nur der unsympathische Schweinehund für manche Schwerfälligkeit verantwortlich. Unser Gehirn ist grundsätzlich auf Ökonomie ausgelegt und wird sich wahrscheinlich einmal mehr für die bequemere und vielfach erprobte Variante entscheiden.

Gewohnheiten vermitteln ein Gefühl der Sicherheit und des Wohlbefindens

Gewohnheiten geben uns zudem ein Gefühl der Sicherheit. Nach einem stressigen Arbeitstag, an dem wir vielleicht einen Konflikt mit einem Kollegen hatten, fühlen wir uns aus unserer Balance herausgerissen. Unsere Gedanken kreisen immer wieder um das unangenehme Gespräch, wir suchen fortwährend nach Argumenten für unsere Position und erhitzen uns über die unsinnige Haltung des Kollegen. Das ist anstrengend. Um dieser Anstrengung zu entkommen, suchen wir unsere Komfortzone auf. Da finden wir das, was sich bisher immer bewährt hat, damit wir uns erstmal wieder besser fühlen: ein Glas Wein, etwas Schönes zu essen und Ablenkung durch unsere Lieblingsserie. Laut Gerald Hüther bemühen wir uns auf diese Weise, in unserem Kopf und unserem Empfinden wieder anstelle der Inkohärenz eine Kohärenz, einfacher gesagt – eine Ordnung – herzustellen. Und das Gehirn macht daraus einen Kreislauf, indem bei der Ausübung von (angenehmen) Gewohnheiten das Belohnungszentrum im Gehirn Botenstoffe ausschüttet. Diese Funktionsweise – angenehme Gewohnheiten = Botenstoffe verstärkt wiederum unsere Gewohnheiten.
Eine aufwändigere Alternative zum Lösen dieser empfundenen Inkohärenz mit dem Kollegen dagegen wäre, sich konstruktive Gedanken dazu zu machen, wie wir den Konflikt lösen könnten, was ja, seien wir mal ehrlich, viel mehr Stimmigkeit oder Ordnung in uns herstellen könnte. Das kostet unserem Gehirn allerdings mehr Energie und der Weg zum Belohnungszentrum und den angenehmen Botenstoffen ist hier ungleich weiter.

Anhand von Veränderungen können wir uns weiterentwickeln

Aber das oben Beschriebene sind keine Argumente für die Umsetzung unserer Neujahrs-Vorsätze und darauf wollen wir ja nun in diesem Blogartikel hinaus. Auch kann das „Alles muss so bleiben wie es ist“ nicht ganz stimmen. Es würde gegen jegliche Weiterentwicklung der Menschheit sprechen und wäre auch irgendwie langweilig. Und wir haben wahrscheinlich alle von Charles Darwin gehört und wissen daher, dass es nicht allein der Erhalt der bewährten Gewohnheiten ist, der unser Überleben gesichert hat. Der Naturforscher Charles Darwin (1809-1882) hat gesagt: „Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am besten auf Veränderungen reagiert.“ Veränderungen helfen uns, uns weiterzuentwickeln. Das ist eine Besonderheit, die im Vergleich zu Tieren, bei uns Menschen sehr ausgeprägt ist.

Um neue Gewohnheiten sprich Veränderungen zu etablieren empfiehlt Gerald Hüther, wieder zuzulassen, mit sich selbst und den eigenen Bedürfnissen in Berührung zu kommen. Extreme Formen, mit sich selbst in Berührung zu kommen, die das Leben manchmal mit sich bringt, können schwere Krisen wie Erkrankungen, Unfälle oder andere Schicksalsschläge sein. Meist sind diese Erlebnisse laut Hüther jedoch zu extrem, was den Menschen daher eher dazu bewegt, möglichst schnell den alten gewohnten und als sicher erlebten Zustand wiederherzustellen.

Neue Gewohnheiten sind Veränderungen, die eines inneren Wandlungsprozesses bedürfen

Gewohnheiten abzulegen und neue anzulegen ist vielmehr ein innerer Wandlungsprozess, der besser unter weniger dramatischen Umständen erfolgen kann. Achtsamkeit und innere Einkehr helfen hier mehr, um mit sich selbst wieder in Berührung zu kommen, sagt Hüther. Eigene innere Anteile können wiederentdeckt werden und die Kraft für den inneren Wandlungsprozess vermitteln. Wir können wieder lernen, zu spüren, was uns guttut und was nicht. Auf diese Weise folgen wir einer aus uns selbst herauskommenden Motivation, bestimmte Vorhaben umzusetzen. Das Gegenteil davon sind Belohnung und Bestrafung, konkret – ein Schrittzähler, der Konfetti anzeigt, wenn wir unsere gewünschte tägliche Schrittzahl erreicht haben oder das Weglassen des Abendessens, weil wir zwei Stück Torte gegessen haben. Die von Hüther beschriebene innere Wandlung ist dann wohl eher eine allmähliche Veränderung, die in uns stattfinden kann.
Der klinische Psychologe Amir Hodzic spricht von einem ähnlichen allmählichen Ansatz, in dem man sich an eine neue Gewohnheit herantasten soll. Denn warum soll sich das eigene Verhalten abrupt zwischen Silvester und Neujahrstag verändern? Wieso soll man plötzlich von Couchpotatoe auf Sportskanone umschalten können? Hodzic empfiehlt, das neue Verhalten ins Leben „einschleichen“ zu lassen. Man könne sich mit kleinen Schritten der neuen Gewohnheit nähern, sodass man nach einer Weile nicht mehr sagt „Ich gehe laufen“ sondern „Ich bin Läufer“. Hier hört man auch den Nachhall von Gerald Hüthers beschriebener innerer Wandlung. Der Mensch verändert mit der allmählichen inneren Wandlung sein Selbstbild bis er sich damit identifiziert. Dann ist das neue Verhalten ein Selbstgänger, das leuchtet ein.
Der Weg vom „ich mache“ zum „ich bin“  führt laut Hodzic über Häufigkeit und Regelmäßigkeit des neuen Verhaltens. Es reiche bereits, mit einmal wöchentlich 20-30 Minuten Sport zu beginnen, dies aber kontinuierlich fortzusetzen und nicht ausfallen zu lassen. Daraus könne sich das Bedürfnis und die Fitness für einen zweiten Trainingstag in der Woche entwickeln. Über diese Kontinuität kann das Verhalten sich leichter in unser Gehirn einbrennen und wird so zur neuen Gewohnheit. Auch eine klare Struktur hilft hier, also fixe Termine in den Kalender eintragen, die nicht verhandelbar sind. Sie sind exklusiv reserviert für den Sport, das gesunde Kochen, die Quality Time mit sich selbst, die kulturelle Veranstaltung.
Abschließend für euch noch 4 hilfreiche Regeln des Psychologen, wie wir unser Verhalten langfristig ändern und damit neue Gewohnheiten etablieren können:

  1. Mache deine gewünschte neue Gewohnheit sichtbar: Platziere eine Obstschale an einem gut sichtbaren Ort zu Hause, sodass es dir öfter „ins Auge fällt“ und damit die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, dass du es auch verzehrst.
  2. Mache es attraktiv: Wenn du bereits eine Verhaltensweise in deinem Alltag hast, die du gerne machst, kannst du sie mit der neuen kombinieren. Zum Beispiel kannst du dir am Ende deines Sporttrainings einen Latte Macchiato in deinem Lieblingscafé gönnen. Somit verbindest du beide Gewohnheiten miteinander.
  3. Vereinfache es: und hier zurück zum Obst: wenn dir das pure Obst nicht schmeckt, integriere es in dein Müsli oder in eine andere Mahlzeit wie zum Beispiel Salatrezepte mit einer Obstzutat.
  4. Mache es befriedigend: Diese vierte Regel spricht das Belohnungssystem an. Wenn du dich die ganze Woche ausgewogen ernährt hast, kannst du dir am Sonntag eine Pizza gönnen.

So, das sind viele Worte zum Thema Neujahresvorsätze. Bei allem Vorhaben sollten wir daran denken, nicht so hart mit uns selbst zu sein. Wenn die guten Vorsätze bereits gebrochen wurden, spricht gar nichts dagegen, einen neuen Anlauf zu starten. Hier möchte ich noch einmal auf Gerald Hüther hören, der rät, grundsätzlich liebevoll mit uns selbst umzugehen und auf diese Weise den inneren Kritiker in Schach zu halten. Nur wenn wir liebevoll mit uns selbst sind, können wir in Kontakt mit unseren Bedürfnissen bleiben und spüren, was gut für uns ist.

In diesem Sinne wünsche ich euch alles Gute für das Neue Jahr!

Quellen:

Podcastplattform “Rebellisch Gesund” mit Gerald Hüther: Gewohnheiten erfolgreich ändern

Höher Podcast “Pflege spricht – Pflege hört. Podcast-Sonderfolge zum Thema Würde mit Gerald Hüther

Motivation und Zielsetzung – Charles Darwin

Wie werden deine Vorsätze zur Wirklichkeit? (www.gesundheitsparks.at)

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